URSULA MÜLLER
ALBERT SCHWEITZER - LEBEN UND WERK
Vorwort
Geschichtlicher Rahmen
Zeitgenossen und
Lebensdaten
ZEITGENOSSEN VON ALBERT SCHWEITZER. EIN EPILOG
Frühestens gegen Endes seines Lebens weiß ein Mensch, ob er Berühmtheit erlangt hat oder nicht. Manch einer erfährt zwar Nachruhm, erfährt es aber zu Lebzeiten niemals.
Welche von Albert Schweitzers Zeitgenossen mit großem Namen sind ebenfalls über 80 Jahre alt geworden? Bei meinen Nachforschungen habe ich mehr gefunden als zunächst erwartet und die Auswahl deshalb willkürlich eingeschränkt. Diese Auswahl enthält Persönlichkeiten, deren Geburts- und Sterbedatum max. 5 Jahre von denen Albert Schweitzers abweicht. Außerdem habe ich nur solche Berühmtheiten ausgewählt, denen er begegnet sein könnte und vielleicht auch tatsächlich begegnet ist.
Unter den Politikern, gekrönten Häuptern wären da Königin Wilhelmina von den Niederlanden, Konrad Adenauer und Winston Churchill zu nennen. Bei Churchill differieren die Eckdaten sogar nur um wenige Wochen, und er bekam nur ein Jahr nach Albert Schweitzer den renommierten Nobelpreis. Eine große Rolle spielten zu Schweitzers Lebenszeit auch Naturwissenschaftler, namentlich Atomphysiker und Erfinder: Otto Hahn, ein weiterer Nobelpreisträger, und Lise Meitner. Erwähnenswert ist vielleicht auch der Schriftsteller Hermann Hesse, ebenfalls mit dem Nobelpreis gekürt. Unter den Theologen und Religionswissenschaftlern dürfte Martin Buber ein Begriff sein. Und Carl Gustav Jung darf hier in meinen Augen als spirituelle Größe nicht fehlen.
Einige Zeitgenossen mit davon abweichenden Daten sollten mindestens noch genannt sein. In Zusammenhang mit Ehrungen hat er auf jeden Fall Theodor Heuss und dem norwegischen König Haakon die Hand geschüttelt. Und bekannt ist die Freundschaft, die ihn mit Albert Einstein verband. Im Bereich Musik spielte sein väterlicher Freund Charles Marie Widor eine herausragende Rolle. Ihm zu Liebe verfasste er für Franzosen ein Buch über den damals in Frankreich völlig in Vergessenheit geratenen Bach. Jean-Paul Sartre hingegen, obgleich ein Neffe 2. Grades, erwähnt er in seinen Büchern mit keinem Wort.
"Wie der Baum Jahr für Jahr dieselbe Frucht jedes Mal neu bringt,
müssen auch alle wertvollen Ideen im Denken der Menschheit
von Generation zu Generation neu geboren werden."
Albert Schweitzer
LEBENSDATEN VON ALBERT SCHWEITZER
1. Jahrsiebt (1875-1881)
- 14.1.1875 - geboren in Kaysersberg
- Sommer 1875 - Umzug nach Günsbach
- 1880 - Vater lehrt ihn auf dem Tafelklavier von Großvater Schillinger zu spielen
- Okt. 1880 - Beginn der Dorfschulzeit zu Günsbach. Lesen und Schreiben lernt
er mit Mühe, kommt trotzdem leidlich mit
2. Jahrsiebt (1882-1888)
- 1883 - beginnt Orgel zu spielen
- 1884 - vertritt erstmals den Organisten im Gottesdienst
- Herbst 1884 - Realschulbesuch in Münster mit Privatunterricht in Latein als Vorbereitung aufs Gymnasium
- Herbst 1885 - Gymnasium zu Mülhausen (Quinta entspricht 6. Kl.)
sein kinderloser Taufpate Ludwig Schweitzer (Halbbruder des Großvaters) und
dessen Frau nehmen ihn auf, anders wäre seinem Vater die Finanzierung kaum
möglich gewesen; zunächst ist er ein schlechter Schüler. Gründe: träge und
verträumt sowie unzureichende Vorbereitung in Latein. Lieblingsfächer der Gymnasialzeit: Geschichte und Naturwissenschaften. Sprachen und Mathematik
kosteten ihn Anstrengung. Aufsätze fielen ihm leicht, gewöhnlich war er hier der Erste - Herbst 1886 - neuer Klassenlehrer Dr. Wehmann wurde zum Vorbild an Pflichterfüllung, erzieht zum richtigen Arbeiten (sein Unterricht ist immer sorgfältig vorbereitet), gibt Albert Schweitzer einiges Selbstvertrauen, Kontakt bis zu dessen
Tod gegen Kriegsende gehalten
Musiklehrer war Eugen Münch, Organist der St.-Stephans-Kirche, trägt die
allgemein erwachende Begeisterung für Bach weiter und sorgt ab...
3. Jahrsiebt (1889-1895)
- 1890 ..... für gediegenen Orgelunterricht
- 1891 - erster Theaterbesuch: von Richard Wagners Tannhäuser überwältigt
- 18.6.1893 - mittelmäßiges Reifezeugnis mit Auszeichnung in Geschichte
- Okt. 1893 - Parisaufenthalt bei älterem Bruder des Vaters
- Charles Marie Widor erteilt nur wegen ungewöhnlich gutem Vorspiel Orgelunterricht, den der Onkel finanziert
- Ende Okt.1893 - Universität Straßburg (damals in voller Blüte, durch keine Tradition gehemmt, deutsche Uni bevormundet wenig und ermöglicht. selbständiges wissenschaftliches Arbeiten); wohnt im theologischen Studienstift (Collegium Wilhelminatum) zu St. Thomas; hört zugleich in der theologischen und philologischen Fakultät; besonderes Interesse: Synoptiker und Geschichte der Philosophie. Musikförderung durch Ernst Münch, den Bruder seines Mülhauser Orgellehrers und Organist zu St. Wilhelm in Straßburg sowie Dirigent der von ihm begründeten Bachkonzerte (bedeutende Pflegestätte des aufkommenden Bachkults)
- 17.2.1894 - mit Mühe und Not das Hebraicum bestanden, später vertiefte er diese Kenntnisse (angespornt durch das Bestreben, auch das ihm nicht Liegende zu bewältigen)
- 1.4.1894 - Beginn des Militärjahres; sein Hauptmann gestattete fast täglich, ab 11 Uhr
in der Universität zu sein - Herbst 1894 - griechisches Testament und anderes Studienmaterial ziehen mit ins Manöver (er kennt kaum Müdigkeit). Prüfung über Synoptiker entscheidet über ein Stipendium.(will verehrten Dozenten nicht enttäuschen)
- "So wurde ich ... an der damals ... geltenden Erklärung ... und ... Auffassung des Lebens Jesu irre. Als ich aus dem Manöver nach Hause kam, hatten sich mir ganz neue Horizonte aufgetan." Albert Schweitzer
4. Jahrsiebt (1896-1902)
- Pfingsten 1896 - Glück nicht als selbstverständlich hinnehmen: Entschluss zu einem Leben menschlichen Dienens nach dem 30. Lebensjahr
- 1896 - erste Wiederaufführung von Wagners Tetralogie in Bayreuth; Finanzierung der Reise durch nur 1 Mahlzeit am Tag
- Sommer 1897 - erste theol. Prüfung zum Abendmahl entscheidet über Examenszulassung (er beginnt der Frage nachzugehen, ob die Bedeutung jenes Mahls
für Jesus und die Jünger mit dem sehr bald erwarteten messianischen Reich in Zusammenhang stand) - 6.5.1898 - Bestehen des Staatsexamens in Theologie
- 1898 - bestandenes Examen ermöglicht ein Stipendium von 1200 Mark im Jahr für 6 Jahre (mit der Verpflichtung, den Grad des Lizentiaten der Theologie zu erwerben).
er will zuerst philosophische Dissertation über Kants Religionsphilosophie angehen
zieht aus dem Stift aus, besucht weiter Philosophievorlesungen; in Französisch verfasste Schrift zu Eugen Münchs frühem Tod ist sein erstes Druckwerk - Ende Okt. 1898 - Parisaufenthalt: hauptsächlich mit Kunst und Doktorarbeit beschäftigt
Widor unterrichtet ihn jetzt umsonst. Klavier bei Marie Jaell Trautmann, die Wert auf Bewusstheit der Finger legt (Hand völlig umgestaltet: zweckmäßiges, wenig zeitraubendes Üben). Klavier auch bei Philipp, der vor den Einseitigkeiten der Jaellschen Methode bewahrte; gute Gesundheit gestattete ausgiebige Nachtarbeit über Kantschen Texten - Mitte März 1899 - Straßburg: Besprechung der fertigen Arbeit
- Sommer 1899 - Berlin: philosophische und theologische Vorlesungen sowie Studien über Tonempfindung. Organist der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche bestellt ihn (später) als Vertreter; vom geistigen Leben Berlins stärker berührt als von dem in Paris:
Berlin: einfache Lebensweise der Berliner Gesellschaft und leichten Eingang in Familien, - Ach was! Wir sind ja doch nur alles Epigonen! schlägt wie Blitz in ihm ein: Beginn der Auseinandersetzung mit dem Niedergang unserer Kultur. Paris: durch Dreyfuss-Affäre zerrissen
- Ende Juli 1899 - Straßburg: mündliche Prüfung entsprach nicht Erwartungen seiner Prüfer: mehr Zeit in Experimenten und mit Originallektüre verbracht. Entschluss in Theologie statt Philosophie zu habilitieren. Privatdozent in Philosophie und Prediger in Personalunion, ist nicht gern gesehen, aber es ist sein inneres Bedürfnis, zu gesammelten Menschen von den letzten Dingen des Daseins zu reden
- 1. Dez. 1899 - Vorbereitung Lizentiatenprüfung: er beeilt sich, damit Stipendium frei wird und verzichtet auf Studien in Großbritannien. Predigtamt zu St. Nicolai als "Lehrvikar", nach 2. Prüfung Lehrvikar; wohnt als zahlender Gast weiter im Thomasstift
- 15. Juli 1900 - 2. theol. Prüfung knapp bestanden, da auf Dissertation konzentriert
- 21. Juli 1900 - Dissertation über das Abendmahlproblem: Lizentiat der Theologie;die Stellung erlaubt viel Freiheit für wissenschaftliche Arbeit und Musik:
- Frühjahr in Paris und Herbst im Vaterhaus, allgemein sind Alltag und Jahresablauf strukturiert und rhythmisiert,
- 1905 erste Begegnung mit Romain Rolland. In Paris hält er viele Vorträge über deutsche Schriftsteller "Ich arbeitete viel, in ununterbrochener Konzentration, aber ohne Hast."
- 1.5.-30.9.1901 - provisorischer Leiter des theol. Studienstifts (Coll. Wilhelminatum)
- 1902 - Arbeit über Leidens- und Messianitätsgeheimnis: Habilitation als Privatdozent an der Universität
- 1.3.1902 - Antrittsvorlesung vor theol. Fakultät zu Straßburg
- 1902 - verspricht Widor, im Herbst Aufsatz über Bachs Werk zu verfassen
5. Jahrsiebt (1903-1909)
- 1.10.1903 - Leiter des Collegium Wilhelminatum mit geräumiger Amtswohnung; will Kinder aufnehmen, was nicht klappt
- Herbst 1904 - Artikel der Pariser Missionsgesellschaft: sie sucht Mitarbeiter für nördlichste Kongokolonie
- 14.1.1905 - ringt mit sich, ob er es tun soll
- 1905 - J.S. Bach le musicien-poète erscheint
- ab 1905 - Leben-Jesu-Forschung inclusive Vorlesungen. Gründung der Pariser Bachgesellschaft mit anderen; daraus Verpflichtung, für einige Jahre im Winter
mehrmals in Paris Orgel zu spielen - Herbst 1905 - Vereinbarung über deutsche Bach-Ausgabe mit Verlag Breitkopf & Härtel. Briefliche Mitteilung über Entschluss für Medizinstudium an Familie und Freunde (13.10.), Auseinandersetzung mit deren Unverständnis und ablehnender Haltung; anschließend Beginn des Medizinstudiums. Abhandlung über Orgelbau, die einige Monate in Anspruch nimmt
- 1906 - es erscheint Deutsche und französische Orgelbaukunst und Orgelkunst
- 1906 - das Buch Von Reimarus zu Wrede findet in England Anerkennung, aber Einladung abgelehnt, da schon Medizinstudium und deutsche Ausgabe des Bach-Werks in Arbeit; beginnt langsam, sich mit der Lehre Pauli auseinanderzusetzen
- Fastnacht 1906 - Niederlegung des Amts als Stiftdirektor und Auszug aus der Amtswohnung
- Frühjahr 1906 - erst jetzt intensive Beschäftigung mit neuem Studium möglich
- Sommer 1906 - stellt fest, dass ihm Bach-Übersetzung ins Deutsche unmöglich, deshalb...
- Anf. 1908 - ...erscheint neu geschriebenes und wesentlich umfangreicheres deutsches Bach-Werk: J.S. Bach
6. Jahrsiebt (1910-1916)
- 13.5.1909 - Physikum (Tag, an dem die restaurierte Hohkönigsburg eingeweiht wird)
- 1911/12 - auf Betreiben eines New Yorker Verlegers und Widors: Ausgabe der Orgelwerke Bachs, diesmal mit Spielangaben, hierzu viele Parisfahrten notwendig; entwirft Manuskript über Mystik des Paulus
- Okt. 1911 - Das medizinische Staatexamen beginnt
- 17. Dez. 1911 - letzte Prüfung (Chirurgie)
- 1912 - einjähriges praktisches Volontariat beginnt. Paris: Studium der Tropenmedizin und Einkäufe für Afrika
- 18.6. 1912 - Heirat mit Helene Breßlau
- Herbst 1912 - beginnt, in die Leben-Jesu-Forschung Pauli-Forschungsergebnisse einzuarbeiten
- Dez. 1912 - Professoren-Titel von seiten des kaiserlichen Statthalters für anerkennenswerte wissenschaftliche Leistung
- Feb. 1913 - Fracht von 70 Kisten nach Bordeaux vorausgesandt; rechnet mit Kriegsgefahr: bevorzugt Geldreserve in Gold statt Scheinen
- März 1913 - Promotion: Die psychiatrische Beurteilung Jesu
- April 1913 - Aufgabe der Lehrtätigkeit an der Universität, nachdem Urlaub abgelehnt und Beendigung des Predigeramtes
- Karfreitag 1913 - Abreise mit Ehefrau Helene Breßlau nach Bordeaux
- 26.3.1913 - Einschiffung nach Lambarene, Fahrt dauert ca. 3 Wochen
- Spätherbst 1913 - Umzug von Hühnerstall in Wellblechbaracke als Arztpraxis
- 1913/14 - Ausarbeitung der 3 letzten Bände zur amerikanischen Bach-Ausgabe
- 5.8.1914 - Bekanntwerden des Kriegsausbruchs durchkreuzt Pläne heimzukehren
und baldiges Arbeitsverbot als Arzt; schon am 2. Internierungstag beginnt die Arbeit an der Kulturphilosophie - Ende Nov. 1914 - Aufhebung der Internierung auf Betreiben Widors, Arbeitsverbot schon vorher nicht durchführbar, da der nächste Arzt ca. 500 km weiter
- Sommer 1915 - plötzliches Umdenken von Kulturkritik zu aufbauender Idee, Zusammenhang zwischen Kultur und Weltanschauung wird klar
- Sept. 1915 - Fahrt ans Kap Lopez wegen angeschlagener Gesundheit seiner Frau
- 3.7.1916 - Mutter wird von Militärpferden zu Tode getrampelt
- 1916/17 - Regenzeit am Kap Lopez wegen Frau Schweitzers Gesundheit: hilft Arbeitern, Baumstämme aus dem Meer zu holen
7. Jahrsiebt (1917-1923)
- Sept. 1917 - Befehl, nach Europa für ein Gefangenenlager einzuschiffen. Skizzen der Kulturphilosophie einem zurückbleibenden Missionar anvertraut, Auszug auf französisch durch Kapitelüberschriften als Studie über Renaissance getarnt; auf dem Schiff Auswendiglernen von Orgelwerken, da Schreiben nicht möglich: Erste 3 Wochen in Bordeaux in Caserne de passage: Dysenterie (Ruhr) zugezogen, zum Glück Medikament dabei, trotzdem noch ca. 2 Jahre an den Folgen zu kämpfen. Interniertenlager von Garaison in den Pyrenäen: ein Tisch dient als Schreibunterlage und für Trockenübungen im Orgelspiel, Interessantes durch multikulturelles Zusammentreffen von Menschen und fast alle Berufe vertreten, dadurch viel gelernt; die meisten Gefangenen leiden unter Verdammnis zur Untätigkeit, Schweitzer ist einziger Arzt
(neben mehreren Zahnärzten), langer schwerer Winter: die meisten Räume nicht beheizbar, Ehefrau erholt sich relativ in Höhenluft - Anf. 1918 - Notablen sollen in Repressalienlager verschickt werden: viele entpuppen sich als Hochstapler
- Ende März 1918 - Überführung ins Lager für Elsässer von St. Rémy in der Provence:
eher homogene Menschenansammlung, auch beruflich, trifft mehrere alte Bekannte wieder, er wird Lagerarzt, als sein Vorgänger ausgetauscht wird, Ehefrau verträgt Mistral schlecht, beide für stramme Spaziergänge körperlich zu geschwächt ;
jahrelangen Briefkontakt zum Lagerdirektor gehalten - 14./15.7.1918 - in der Nacht Entlassung als Austauschgefannger: Skizzen über Kulturphilosophie bestehen Zensur, ab Konstanz wird das Hungerelend sichtbar: blass, ausgemergelt, abgestumpft
- Sommer 1918 - Bahnfahrt endet in Colmar: 15 km zu Fuß bis Günsbach im noch militärischen Operationsgebiet; extreme Trockenheit: verdorrte Felder
- Sept. 1918 - Darmoperation (Dysenterie)
- Herbst 1918 - anschl. Assistenzstelle im Bürgerspital und wieder Vikar in St. Nicolai; nach Waffenstillstand: häufige Fußmärsche nach Deutschland, um hungernde Freunde
zu versorgen - ab 1919 - Beschäftigung mit Weltreligionen
- 14.1.1919 - Tochter Rhena kommt an seinem Geburtstag zur Welt
- Sommer 1919 - 2. Darmoperation
- Okt. 1919 - mühevoll wieder Pass erhalten: hört Orgelkonzert in Barcelona
- Frühjahr 1920 - Ehrendoktor-Titel der theol. Fakultät Zürich
- nach Ostern 1920 - Schwedenreise: Vorlesungen in Upsala über Welt- und Lebensbejahung und Ethik in Philosophie und Weltreligionen, erholt sich dort und wird wieder arbeitsfroher Mensch. Weitere Vorlesungen und Orgelkonzerte in Schweden, um Schulden abzutragen
- Sommer 1920 - erhält sein Afrika-Manuskript: Ausarbeitung von Zwischen Wasser
und Urwald. Verleger begrenzt Umfang: seither Bemühung um 'Sparsamkeit im Ausdruck' - 1921 - Zwischen Wasser und Urwald erscheint erst auf Schwedisch, dann deutsch, später in weiteren Übersetzungen
- Palmsonntag 1921 - Uraufführung der Bachschen Matthäuspassion mit ihm an der Orgel
- April 1921 - Aufgabe beider Arbeitsverhältnisse, um nur mit Feder und Konzerten Unterhalt zu bestreiten. Umzug mit Familie zu Vater ins Günsbacher Pfarrhaus
- ab Herbst 1921 - Schweiz, Schweden, Großbritannien: Konzerte und Vorlesungen
- Sommer 1922 - Günsbach: Fortsetzung der Arbeit an Kulturphilosophie
- ab Herbst 1922 - Schweden, Dänemark, Prag: Konzerte und Vorlesungen
- 1923 - Entscheidung, nach Afrika zurückzugehen - ohne seine Frau, die damit einverstanden ist. Kurse über Geburt, Zahn- und Tropenmedizin. Hausbau in
Königsfeld im Schwarzwald für Frau und Tochter - Frühjahr 1923 - Verfall und Wiederaufbau der Kultur und Kultur und Ethik erscheinen
- Sommer 1923 - Plan eines Zürcher Psychoanalytikers, Kindheits- und Jugenderinnerungen in schweizer Jugendzeitschrift zu veröffentlichen
- Herbst 1923 - Inflation, daher Papiermangel , Druckunterbrechung der beiden Bücher
8. Jahrsiebt (1924-1930)
- 14.2.1924 - 2. Abreise nach Lambarene nach 7 jähriger Abwesenheit: die meisten Gebäude verfault, Pfade von Pflanzen überwuchert,
- 1924 - dadurch morgens Arzt, nachmittags Baumeister; durch wieder aufblühenden Holzhandel wenig Arbeiter. Aus meiner Kindheit und Jugend geht in Druck
- 1924/25 - ständige Zunahme der Kranken: lässt erstmals 2 Pfleger und 2 Ärzte aus Europa kommen
- 1925 - Vater stirbt hochbetagt
- Herbst 1925 - Wiederaufbau beendet: reicht für 50 Kranke plus Begleiter. Ruhr-Epidemie: dadurch massive Unterbringungsprobleme
- ab 1926 - 3 km stromaufwärts: Anlegung eines Pfahlbaudorfs in Wellblechbaracken; anschl. Urbarmachung des Umlandes, um Obstplantagen anzulegen, auch als Maßnahme gegen Nahrungsmittel-Diebstahl
- 21.1.1927 - Umzug der Kranken beginnt
- April 1927 - Übergabe der weiteren Bau-Aufsicht an neue weibliche Mitarbeiterin,
- auch spätere Bau-Überwachungen überlässt er nur noch Frauen
- 21.7.1927 - Abreise nach Europa, nur Emma Hausknecht bleibt als Pflegerin zurück
- 1927-29 - viele Konzert- und Vortragsreisen in Europa, sonst bei der Familie im Schwarzwald; erste Schallplattenaufnahmen in Großbritannien. Organisation des
häufigen Personalwechsels in Lambarene (Ärzte und Pfleger) und der Spendenzugänge; freie Zeit: Arbeit an der Mystik des Apostel Paulus - 28.8.1928 - Goethe-Preis der Stadt Frankfurt
- 1929 - Haus in Günsbach aus Goethe-Preis finanziert (eine Art europ. Zentrale für Lambarene)
- Dez. 1929 - 3. Fahrt nach Lambarene: mit Ehefrau und neuem Personal
- 1930 - Mystik des Apostels Paulus ist fertig gestellt. Bekanntheit des Spitals wächst
auf mehrere hundert Kilometer im Umkreis: manche sind wochenlang unterwegs; neue Ruhr-Epidemie lässt neues Spital wieder zu klein erscheinen; lehnt Ruf an die Universität Leipzig ab - Ostern 1930 - Abreise von Helene Schweitzer wegen Klima-Unverträglichkeit
9. Jahrsiebt (1931-1937)
- 1931 - Aus meinem Leben und Denken wird veröffentlicht. Abreise nach Europa
- 1933/34 - 4. Afrika-Aufenthalt
- 1935 - 5. Afrika-Aufenthalt: nur 7 Monate. Die Weltanschauung der indischen Denker kommt heraus
- 1936 - Schallplattenaufnahmen in Straßburg
Jenseits des 9. Jahrsiebts (1938-1965)
- 1937-48 - Lambarene
- 1938 - Afrikanische Geschichten erscheint
- 1939 - für 12 Tage im Elsass, das er wegen Kriegsstimmung schneller verlässt als geplant
- 1940 - Kämpfe um Lambarene zwischen Truppen de Gaulles und Vichy-Regierung: Spital wird geschont
- 1941- 46 - Ehefrau Helene kommt über Umwege nach Lambarene
- 1942 - Hilfssendungen aus den USA treffen ein
- 1949 - Einladung nach Colorado, USA, um Rede zu Goethes 200. Geburtstag zu
halten: Goethe, der Mensch und das Werk - Nov.1949 - Mai 51- Lambarene, bis Juni 1950 mit seiner Frau
- 1950 - 4 Reden über Goethe gehen in Druck
- 1951 - Ein Pelikan erzählt aus seinem Leben erscheint
- 16.9.1951 - Friedenspreis des deutschen Buchhandels
- Ende 1951 - Schwedenreise
- Dez 1951-Juli 1952 - Lambarene
- Sept. 1952 - Schallplattenaufnahmen in Günsbach
- 30.9.1952 - Verleihung der Paracelsus-Medaille, erste medizinische Ehrung
- Dez.1952 - Mai 1954 - Lambarene
- Mai 1953 - Lepradorf entsteht
- Okt. 1953 - Friedensnobelpreis rückwirkend für 1952: Preisgeld erlaubt 'Lepradorf
aus einem Guss' - 1954 - letzter Auftritt als Organist: Bach-Konzert in Straßburger Thomaskirche
- Dez 1954 - Juli 1955 - 11. Afrika-Aufenthalt, mit Ehefrau Helene
- Mai 1955 - Fertigstellung Lepradorf
- Herbst 1955 - Reisen nach England, Frankreich, Deutschland, Schweiz
- 11.11.1955 - Entgegennahme der Insignien des Ordens Pour le Mérite in Bonn
- Jan. 1956 - Juli 1957 - Lambarene, mit Ehefrau Helene
- 1956 - 61 - erste Gesamtausgabe seiner Werke: in Japan (19 Bände)
- 23.4.1957 - Radio Oslo sendet Aufruf gegen Gefahren der Kernwaffenversuche
- 22.5.1957 - Helene Schweitzer verlässt Lambarene
- 1.6.1957 - sie stirbt mit 78 Jahren
- Sommer1957 - Bruch des rechten Mittelhandknochens: starke Behinderung
- Dez.1957 - Aug.1959- Lambarene
- 25.1.1958 - setzt Steinkreuz mit eigenhändig geritzten Lebensdaten auf Urnengrab
seiner Frau - April 1958 - 3 Radio-Appelle gegen Atomgefahren: Friede oder Atomkrieg
- Herbst 1959 - letzte Europa-Reise: Dänemark, Deutschland, Paris, Brüssel, Rotterdam
(spätere Reise-Pläne werden nicht mehr ausgeführt). Kopenhagen: Entgegennahme des Sonning-Preises, in Lambarene investiert - Nov. 1959 - Reisen nach Paris, Brüssel, Rotterdam
- 23.7.1960 - auf dem ersten Briefmarkensatz der neugegründeten Republik Gabun erhält eine sein Porträt
- 14.1.1965 - Besucher aus aller Welt kommen zum 90. Geburtstag
- 1965 - Bauten, Korrespondenz und Abschluss der kritischen Ausgabe von J.S. Bachs Präludien und Fugen für Orgel
- 27.8.1965 - letzter Brief: 'Gesundheitlich geht es mir gut'.
- - in den Folgetagen zunehmende Ermattung
- 4.9.1965 - kurz vor Mitternacht in Lambarene gestorben